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Die gesetzliche Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen angesichts verschiedener Gesetzesrevisionen

Auf der Suche nach Aufenthalts- und Zukunftsperspektiven sind unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) in der Schweiz mit zahleichen, verfahrenstechnischen Schwierigkeiten konfrontiert. Ihr Wohl kann vor allem dann gefährdet sein, wenn keine gesetzliche Vertretung ernannt wird. In den Artikeln 19, 20 und 22 der Kinderrechtskonvention (KRK) verankert, wurde dieser Schutzmassnahme von Seiten des Ausschusses für die Rechte des Kindes in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 6 besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Diese erinnert daran, dass schon bei der Identifizierung eines unbegleiteten Minderjährigen ein Beistand ernannt werden muss, welcher den oder die Jugendliche/n bis zur Volljährigkeit oder der Ausreise aus dem Land begleitet. Kann sich die Schweiz 20 Jahre nach ihrer Ratifizierung der KRK wahrhaftig rühmen, ausreichende und angemessene Massnahmen getroffen zu haben, um solchen internationalen Vorgaben gerecht zu werden?

Von der Funktion der gesetzlichen Vertretung…

Bezüglich des in Art. 17 Abs. 3 des Asylgesetzes (AsylG) und Art. 7 Abs. 2 bis 4 der Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen (AsylV 1) vorgesehenen Begriffs der gesetzlichen Vertretung besteht seit der Revision des AsylG im Jahr 2008 eine gewisse Rechtsunsicherheit. Vor diesem Zeitpunkt verlangte die AsylV 1 von den Kantonen, vormundschaftliche Massnahmen gemäss Zivilgesetzbuch anzuordnen. Danach verstärkte die AsylV 1 die Idee, dass die Vertrauensperson eine Massnahme sei, welche die Interessen der UMA vertreten kann, solange weder eine Beistandschaft noch eine Vormundschaft errichtet werden kann. Trotz des subsidiären und vorübergehenden Charakters dieser Massnahme, wurde das dadurch gesetzte Zeichen so interpretiert, dass die Vertrauensperson in der Praxis als hinreichende Massnahme gilt.

Der Art. 7 Abs. 3 AsylV 1, welcher 2015 eingeführt wurde, hat anschliessend mit Hilfe einer unvollständigen Auflistung die Aufgaben der Vertrauensperson präzisiert. Man muss dazu festhalten, dass diese Pflichten im Kontext einer Vertretung verstanden werden muss, wie sie in der Dublin III-Verordnung konzipiert wurde. Diese Verordnung bestimmt, dass die Vertreter/innen die UMA vertreten und/oder sie unterstützen müssen, um ihre Interessen zu garantieren (Art. 2 Bst. k und Art. 6 Abs. 2 Dublin III). Die Schweizerische Rechtsprechung (EMARK 2003/1 und EMARK 2006/14) hat den Begriff der Vertrauensperson ihrerseits ebenfalls präzisiert, indem sie betont, dass deren Rolle vielseitig ist und derjenigen eines Vormunds oder Beistandes gleichkommt. Sie beinhaltet nicht nur die Wahrung der Interessen und die Vertretung des UMA während des Asylverfahrens, sondern auch administrative und organisatorische Aufgaben (Sicherstellen der Betreuung, Begleitung des laufenden Verfahrens, Gewährleistung der medizinischen Versorgung, usw.). Abgesehen von erforderlichem Fachwissen in Sachen Migrationsrecht, muss die Vertrauensperson auch über Qualifikationen im sozial-pädagogischen Bereich verfügen, sowie Kenntnisse in Bezug auf Kinderrechte vorweisen, um für das übergeordnete Interesse des Kindes einstehen zu können.

...über deren Zuteilung…

Die im Jahr 2008 in Kraft getretene Änderung des AsylG bestimmt auch den Zeitpunkt, an dem die Vertrauensperson ihre Aufgabe aufnehmen soll. Gemäss Art. 17 Abs. 3 AsylG findet diese Zuteilung entweder im Laufe des Asylverfahrens am Flughafen oder während des Aufenthaltes im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) statt, wenn dort für das Asylgesuch entscheidende Verfahrensschritte durchgeführt werden, oder nach dem Zuweisungsentscheid des UMA an einen Kanton und zwar für die gesamte Dauer des Verfahrens. Art. 7 Abs. 2bis AsylV 1 (der Leitgedanke dazu wurde 2015 durch den Art. 7 Abs. 3 AsylV 1 eingeführt) präzisiert, dass die Vertrauensperson schon zum Zeitpunkt der ersten Kurzbefragung, die meist schon im EVZ oder am Flughafen stattfindet, ernannt werden muss.

Obschon diese Klarstellungen positiv zu bewerten sind, zeigt die Praxis, dass die Umsetzung nicht immer gewährleistet ist. Die Zuweisung einer Vertrauensperson erfolgt tatsächlich oft erst nach der ersten Befragung. Der gesetzlich vorgesehene Zeitpunkt ist zudem bereits zu spät. Um das Interesse des Kindes zu garantieren, wäre es sinnvoll, die Zuteilung einer Vertrauensperson spätestens nach dem Einreichen des Asylgesuchs vorzunehmen. Das Kind könnte damit früh und angemessen über den Verlauf des Asylverfahrens informiert werden und die nötige soziale Unterstützung erhalten.

und das Entdecken seines neuen Profils

Die vom Volk am 5. Juni 2016 angenommene Revision des AsylG erlaubt es, den Zeitpunkt der Zuweisung eines/r gesetzlichen Vertreters/in zu klären. UMA die in einem Zentrum des Bundes oder in einem Flughafen unterkommen, bekommen systematisch und so lange das Verfahren im Gange ist, eine kostenlose Rechtsvertretung, die ebenfalls die Rolle der Vertrauensperson einnimmt (Art. 17 Abs. 3 Bst. a der revidierten AsylG). Letztere ist somit in der Lage, ihren Auftrag von Beginn des Verfahrens in professioneller Weise wahrzunehmen. Diese Aufgabe wird zudem in jedem Fall von einer juristisch qualifizierten Person übernommen.

Diese Klarstellung bedeutet eine nennenswerte Verbesserung, deren Grenzen jedoch während der Testphase in Zürich aufgezeigt wurden. Die gesetzliche Vertretung kann aufgrund der begrenzten Kapazität nicht immer korrekt ausgeführt werden, da es nicht möglich ist, die zwei Funktionen gleichzeitig zufriedenstellend zu erfüllen. Durch eine rasche, zusätzliche Ernennung eines Beistandes oder eines Vormundes muss eine umfassendere Vertretung aller UMA geschaffen werden.

Bis zum vorgesehenen Inkrafttreten im Jahr 2019, und in Anbetracht des Umfangs der Aufgabe, die eine Vertrauensperson wahrnehmen muss, werden die Herausforderungen beträchtlich bleiben. Die zur Verfügung stehenden Mittel variieren von einem Kanton zum anderen und reichen häufig nicht aus, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Es bestehen ausserdem grosse Unterschiede, was die Qualifikation der beauftragten Personen angeht. Einige von ihnen verfügen nicht über genügend juristische Kompetenzen und haben nur beschränkte Kenntnisse des Asylverfahrens. Andere verfügen nicht über die nötigen Mittel, um die soziale Unterstützung der Jugendlichen wahrnehmen zu können. Zur Verbesserung der Koordination zwischen den Kantonen, hat die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) ein nationales Netz zu Gunsten der mit der gesetzlichen Vertretung der UMA beauftragten Personen (Vertrauensperson/Beistand/Vormund) ins Leben gerufen. In diesem Rahmen ist ein regelmässiger Erfahrungsaustausch vorgesehen, mit dem Ziel die kantonalen Arbeitsweisen zu verbessern und Verbindungen zu den Rechtsberatungsstellen und den Hilfswerkvertretern herzustellen. Die SFH steht bereit, sowohl im Allgemeinen bei Rechtsfragen in Bezug auf Asylrecht, als auch bei konkreten und strukturellen Fragen, Unterstützung zu leisten.

Gleichzeitig engagiert sich die Schweizerische Stiftung des Internationalen Sozialdienstes (SSI) für eine qualitative Verbesserung der gesetzlichen Vertretung, vor allem durch ein Mapping der kantonalen UMA-Betreuungsstrukturen, welches es in einer zweiten Phase erlauben soll, Best Practices hervorzuheben. Diese verschiedenen Aktionen werden auf der Basis der im Mai 2016 erschienen Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) zu unbegleiteten minderjährigen Kindern und Jugendlichen aus dem Asylbereich durchgeführt, welche unter anderem eine Vereinheitlichung der Massnahmen der gesetzlichen Vertretung anstreben. Diese verschiedenen Schritte sollen die Vertretung von UMA verbessern und dazu beitragen, das Interesse des Kindes so zu respektieren, wie es durch die KRK, die vor 20 Jahren von der Schweiz ratifiziert wurde, vorgesehen ist.

Lauren Barras (OSAR), 28.04.2017, übersetzt aus dem Französischen